"Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Hessen wird eine Landarztquote bei der Zulassung zum Medizinstudium eingeführt. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht: Mit der Einführung einer „Landarztquote“ im Hochschulzugang für das Studium der Humanmedizin werden wir Medizinerinnen und Mediziner für den ländlichen Raum gewinnen. Diese Plätze sollen an solche Studierenden vergeben werden, die sich verpflichten, sich später im ländlichen Raum niederzulassen. Das wird auch umgesetzt werden. Ein wichtiger Schritt war der Staatsvertrag unter den Bundesländern über die Hochschulzulassung, dem wir im vergangenen Jahr zugestimmt haben.

Er setzt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts um und regelt, dass 60 % der Medizinstudienplätze im Auswahlverfahren der Hochschulen und 30 % an die Abiturbesten vergeben werden. Nach der neu eingeführten Eignungsquote werden 10 % verteilt. Damit ist eine Landarztquote rechtssicher gemacht, wenn sich ein Bundesland in einem Gesetz dafür entscheidet, so wie wir das wollen. Wir werten den vorliegenden Gesetzentwurf der SPD als Unterstützung des Vorhabens der Landesregierung und der Regierungsfraktionen. Wir stimmen den Zielen dem Grunde nach zu. Ich möchte jetzt hier auch gar nicht einzelne Textbausteine kritisieren, zumal dieser Entwurf weitgehend von NRW übernommen wurde. Wir sind für diese Unterstützung auch dankbar, weil wir bis zur Realisierung noch einige Hürden überspringen und Überzeugungsarbeit leisten müssen. Das war bei Ihrer Rede, Frau Dr. Sommer, noch nicht ganz so zum Ausdruck gekommen. Deshalb erlaube ich mir, das zu ergänzen.

Erstens. Die Landarztquote muss in den Hochschulpakt 2021 bis 2025 Eingang finden. Die Hochschulen haben einen zusätzlichen Aufwand, die Eignungsquote bei den Studienplatzbewerbern zu prüfen, sie zu beraten und eine Vereinbarung mit den Studierenden abzuschließen. Zudem wollen wir, dass die Studienplätze im Rahmen der Landarztquote zusätzliche Studienplätze sein werden. Wir wollen grundsätzlich mehr Studienplätze der Medizin, aber gezielt für den ländlichen Raum. Wir wollen vermeiden, dass eine Landarztquote das Auswahlverfahren über die Hochschulen und Abiturbesten noch verschärft.

Zweitens. Letzter Punkt ist wichtig, um eine Akzeptanz unter den Studierenden herzustellen. Wenn ich mit Vertretern der Studentenorganisationen meiner Partei spreche, stoße ich überwiegend noch auf Skepsis. Ich weiß, dass dies bei Studentenvertretungen, die anderen demokratischen Parteien nahestehen, ähnlich ist. Wir müssen gemeinsam werben und die Studienbedingungen insgesamt weiterentwickeln, etwa bei der Einführung und Umsetzung des Masterplans 2020 im Medizinstudium.
Drittens. Ebenso müssen wir die Ärzteschaft vom Sinn einer Landarztquote überzeugen. Die Äußerungen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer in Hessen sind – zurückhaltend ausgedrückt – nicht uneingeschränkt positiv. Hoffnung, dass solche Gespräche erfolgreich sein könnten, macht dagegen eine Stellungnahme des Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt: Man könnte darüber nachdenken, einen Teil der Medizinstudienplätze nach Regionen mit einem besonderen Bedarf an Ärztinnen und Ärzten zu verteilen … – unabhängig vom Abiturnotenschnitt.

Das heißt, innerhalb der Kammern gibt es unterschiedliche Auffassungen hierzu. Dagegen lehnt die Ärztegewerkschaft Marburger Bund die Landarztquote rundweg ab. Das ist schade. Auch hier wollen wir noch Gespräche führen. Die Einführung der Landarztquote wird die ambulante medizinische Versorgung im ländlichen Raum verbessern. Sie ist nicht das Allheilmittel, aber ein wichtiger Baustein. Die Sicherstellung einer qualitativ und quantitativ guten Versorgung im ländlichen Raum ist eine der wichtigsten, wenn nicht gar die brennendste Herausforderung in der Gesundheitspolitik überhaupt. Die demografischen Daten zur niedergelassenen Ärzteschaft sind bekannt. Die Landesregierung hat diese Herausforderung angenommen und weitere Maßnahmen ergriffen, die ich hier nur stichpunktartig aufführen möchte und die den Erfolg der Landarztquote ergänzen sollen: Unterstützung von Studierenden, die Pflichtpraktika im ländlichen Raum absolvieren; Auslobung von Stipendien an Studierende, die sich später im ländlichen Raum niederlassen; Zuschüsse für sich niederlassende Ärztinnen und Ärzte; Unterstützung von medizinischen Versorgungszentren in kommunaler Trägerschaft, dort, wo ein Mangel an niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten herrscht; Stärkung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen; Förderung der Telemedizin; Förderung von Versorgungsassistenten zur Unterstützung der Praxen; Weiterentwicklung des hessischen Gesundheitspakts 3.0. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam die Landarztquote voranbringen und auch zeitnah einführen. Wir wären nach Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt das dritte Bundesland. In sieben weiteren Bundesländern – so auch das Nachbarland Rheinland Pfalz – wird eine Landarztquote diskutiert bzw. befindet sich in der parlamentarischen Debatte. Es ist sicherlich sinnvoll, einen gut vorbereiteten Entwurf der Landesregierung und den unterstützenden Entwurf der größten Oppositionsfraktion in den Ausschüssen gemeinsam zu beraten. Wir werden die Anhörung nutzen, alle Beteiligten von der Landarztquote zu überzeugen.“

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